Eine neue Leitung für die Führung

Die Forderung nach Frauen in Führungspositionen ist nach wie vor ein anhaltendes Thema. Umso begeisterter ist das Technische Hilfswerk (THW) im Hilpoltsteiner Ortsverband, dass es sein langjähriges Mitglied Michelle Gemeinhardt als Leitung für den Fachbereich Führung und Kommunikation gewinnen konnte. Dabei stellt sie ihre Expertise besonders in Großschadenslagen zur Verfügung. Wenn mehrere Technische Züge des THWs, und weitere Rettungskräfte anderer Hilfsorganisationen, zusammenarbeiten, führt die 29-jährige mit anderen Kameradinnen und Kameraden mit Sachverstand und Umsichtigkeit durch die komplexen Aufgabenstellungen.

Seit Mitte März ist Michelle Gemeinhardt Leiterin des Fachbereichs Führung und Kommunikation (FK). Schon vorher war sie als Sachgebietsleiterin ein wesentlicher Bestandteil des Führungsgremiums. Ohne sie lief kaum etwas, der Erfahrungsschatz reicht einige Jahre zurück. Dass das nun zum ersten Platz prädestiniert, versteht sich von selbst.


Die Studentin für Betriebswirtschaft und Tourismusmanagement ist seit 2009 Mitglied beim Hilpoltsteiner THW Ortsverband. Bereits nach der Grundausbildung, die jede Helferin und jeder Helfer absolviert, war für die junge Ehrenamtliche klar: „Das war meins! Mit dem Kopf arbeiten und damit anderen helfen. Das wollte ich unbedingt machen“, erinnert sich Gemeinhardt.
Die Arbeitsweise und wie man Schadenslagen in einer Lagekarte mit einfachsten Mitteln genau wiedergibt, faszinierte sie schon von Beginn an. Zudem bekommt man einen sehr guten Überblick über das ganze Einsatzgeschehen, ohne direkt an vorderster Front zu arbeiten. Dadurch sind die Ehrenamtlichen in diesem Führungsbereich in der Lage, stets den Gesamtüberblick über das Einsatzgeschehen zu behalten und Einsatzaufträge an die unterstellten Einsatzkräfte abzuleiten, um für eine zielgerichtete Hilfe am Einsatzort zu sorgen.
In der Zwischenzeit blickt Gemeinhardt auf eine über zehn jährige Erfahrung in diesem Fachbereich zurück, der schon die ein oder andere Großschadenslage mit sich brachte.

Von Simbach über G7-Gipfel nach Berchtesgaden


Das Hochwasser in Simbach am Inn war für sie einer der spannendsten Aufträge. Allein die Tatsache, dass so ein kleiner Bach solch einen Schaden entstehen lassen konnte, machte sie sprachlos. „Man konnte sich erst vorstellen, dass das passiert, wenn man davorstand. Es geht von allem eine Gefahr aus, selbst von einem kleinen Bach.“ In Simbach war sie Sichterin. In Wechselschicht führte sie Lagekarten und verteilte Nachrichten aus der Fernmeldezentrale an die relevanten Stellen.
Aber auch der Einsatz in Berchtesgaden, wo gewaltige Schneemassen die Standfestigkeiten von Gebäuden bedrohte, war für Gemeinhardt einer der beeindruckendsten. „Wenn man im LKW saß, konnte man einfach die Hand aus dem Fenster halten und den Schnee greifen, so hoch lag er,“ erzählt sie mit einem faszinierten Ausdruck im Gesicht. Verrückt für sie war, dass rund um ihren Stützpunkt alles grün gewesen ist, während im Kessel der Schnee meterhoch war.
Der G7-Gipfel im Schloss Elmau war bisher der längste Einsatz, den sie begleiten durfte. Dort war sie drei Wochen am Stück beschäftigt. Die Vorbereitung, die Zeit während des Treffens der Staats- und Regierungschef sowie die Nachbereitung braucht bei so einem Aufgebot seine Zeit. Bei so einer enormen Anzahl an Einsatzkräften, bedarf es auch einer entsprechenden Versorgung aller helfenden Hände. Hier konnte das THW ebenfalls mit seiner Logistikgruppe wertvolle Unterstützung leisten.

Der Ausgleich ist die Geselligkeit


„Es gibt tatsächlich keinen Einsatz, an den ich mich nicht gerne zurückerinnere. Das Wichtigste dabei war immer die Geselligkeit. Diese erleichtert das Zusammenarbeiten in schwierigen Momenten enorm,“ berichtet Gemeinhardt über die Erinnerungen an ihre Einsätze.

In der „FK“, wie der Fachbereich Führung und Kommunikation kurz genannt wird, kenne man sich Ortsverbandübergreifend. Die persönliche Vernetzung reicht durch ganz Bayern und kennt darüber hinaus keine Landesgrenzen. Für eine volle Besetzung aller Funktionen innerhalb der FK bedarf es insgesamt 27 Personen. Das geht oft über die Kapazitäten eines einzigen Ortsverbandes hinaus. Ehrenamtliche sind nach wie vor Mangelware. Deswegen gibt es mit den anderen Ortsverbänden in der Nähe einmal im Jahr ein großes Treffen, bei dem größere Übungen gemeistert werden können. Es sind auch Helferinnen und Helfer aus anderen Ortsverbänden herzlich eingeladen, bei den Übungen teilzunehmen. Jede helfende Hand wird gerne angenommen. Die Vernetzung hilft, jeder kennt jeden und man weiß, dass man sich im Ernstfall aufeinander verlassen kann.

Verlässlichkeit und Spaß als zentrale Punkte


Für Gemeinhardt ist es wichtig, dass der Spaß auch in den eigenen Reihen nicht zu kurz kommt. „Es hilft sehr, wenn man den Helfern zeigt, dass man sie wertschätzt, und sei es nur mit Gummibärchen – da ist dann sofort mehr Spaß, vielleicht liegt’s am Zuckerschock,“ lacht sie.
Ganz nach dem Motto: „Helfen wollen ist gut, helfen können ist besser“, wird die Ehrenamtliche zunächst den Fokus auf eine qualifizierte Ausbildung ihrer Helferinnen und Helfer setzen und dabei auch aktuelle Themen sowie Einsatzerfahrungen in die Ausbildung einfließen lassen. Es sollen nun nach und nach alle Themenbereiche abgedeckt werden. Dazu wird es auch Gastdozenten für Spezialthemen geben. Außerdem sollen auch andere Fachgruppen, wie der Feldkabelbau, beleuchtet werden. Je mehr Wissen alle Helferinnen und Helfer haben, desto einfacher wird es für sie bei einer Großschadenslage.
„Wenn wir uns wieder treffen dürfen, setze ich mich mit allen Helferinnen und Helfern erstmal zusammen und erörtere mit ihnen die Themen, die aus ihrer Sicht wichtig für sie sind. Wenn sie vorgeben, was sie lernen möchten, ist es für mich einfacher, die Schwachstellen gleich von vorneherein auszubügeln,“ schließt Gemeinhardt engagiert.


Text: Liam Flohry
Foto: Bernhard Bergauer 


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